Scheidung ja oder nein - Wichtige Überlegungen zur Entscheidung
Die Entscheidung, ob eine Scheidung oder nur eine Trennung die beste Option ist, kann schwierig sein. Das Trennungsjahr ist notwendig, um eine Scheidung einzureichen. Die Trennung selbst hat schon diverse rechtliche Konsequenzen, wie zum Beispiel Unterhaltszahlungen. Die Scheidung führt aber zu weiteren rechtlichen Veränderungen, die viele Eheleute nicht kennen, aber kennen sollten. Was ist nun besser? Trennung ohne Scheidung oder Scheidung nach dem Trennungsjahr? Im Artikel erfahren Sie mehr.
1. Einleitung
Eine Scheidung ist eine schwierige Entscheidung, die oft mit vielen Fragen verbunden ist. Soll man sich scheiden lassen oder nicht? Wenn ja, wie geht man vor und was sind die Voraussetzungen für eine einvernehmliche Scheidung? Hier kommt man ohne anwaltliche Beratung nicht weiter. Die Eheleute können die Rechtslage nur grob einschätzen. In meiner Kanzlei in Marzahn kommen oft Mandanten, die meinen "alles in Bezug auf Trennung und Scheidung" geklärt zu haben und müssen dann belehrt werden, dass viele dieser Vereinbarungen unwirksam sind. Fast immer werden auch bestimmte Rechtsfolgen übersehen. Es besteht oft eine Hemmschwelle die Scheidung einzureichen. Mandanten meinen, dass hier horrende Kosten entstehen, was nicht richtig ist.
2. Was ist eine Scheidung?
Eine Scheidung ist die Auflösung einer Ehe durch gerichtlichen Beschluss. Das Gericht entscheidet im familienrechtlichen Verfahren - sofern nichts weiter beantragt wird - nur über die Scheidung der Ehe und über den Versorgungsausgleich. Der Versorgungsausgleich ist die Teilung der Rentenanwartschaften, die während der Ehe erworben wurde. Eine Scheidung kann entweder einvernehmlich oder streitig erfolgen, je nachdem ob beide Partner sich über die wesentlichen Punkte einigen können oder nicht. Im Familienrecht sind die Voraussetzungen für eine Scheidung im BGB festgelegt. Das Verfahrensrecht findet man im FamFG.
3. Was sind die Voraussetzungen für eine einvernehmliche Scheidung?
Eine einvernehmliche Scheidung geht schneller und kostet in der Regel weniger. Dies wissen viele Mandanten. Im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst einmal muss eine Trennung der Ehepartner stattgefunden haben. Hierbei ist zu beachten, dass die Ehegatten mindestens ein Jahr lang getrennt leben müssen, bevor sie einen Scheidungsantrag stellen können. Der Antrag auf Ehescheidung muss von einem Rechtsanwalt gestellt werden. Dieser kann und darf nur einen Ehegatten vertreten. Der andere Ehepartner braucht bei der einvernehmlichen Ehescheidung aber keinen eigenen Rechtsanwalt zu nehmen. Er kann der Scheidung einfach zustimmen. Im Falle einer einvernehmlichen Scheidung müssen beide Ehepartner zudem darüber einig sein, dass sie sich scheiden lassen wollen. In der Regel ist eine einvernehmliche Scheidung auch nur dann durchsetzbar, wenn im wesentlichen die weiteren Folgesachen, wie Unterhalt, Zugewinn, Umgangs- und Sorgerecht geklärt sind. Falls nicht, dann kann ein Ehepartner diese Folgesachen im Scheidungsverbund geltend machen und dann dauert die Scheidung oft sehr lange.
4. Dauer des Trennungsjahres
Eine Scheidung ist keine leichte Entscheidung. Eine wichtige Voraussetzungen für das Einreichen der Scheidung ist das Trennungsjahr gemäß § 1565 Absatz 1 BGB. Während des Trennungsjahres müssen die Ehegatten dauerhaft getrennt leben. Die Dauer des Trennungsjahres muss ein Jahr betragen und beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem sich wenigstens ein Partner tatsächlich trennt. Eine Trennung muss vom Tisch und Bett ohne Austausch von Versorgungsleistungen erfolgen. Es kommt nicht auf eine Ummeldung, sondern um auf die tatsächliche Trennung durch den Auszug eines Ehepartners an. In der Ehewohnung kann auch eine Trennung erfolgen, was aber rechtlich schwierig ist.
5. Härtefallscheidng - wann liegt dies vor?
Es gibt nur wenig Fälle, in denen die Fortsetzung einer Ehe und das Abwarten des Trennungsjahres unzumutbar ist und daher eine Härtefallscheidung über einen Rechtsanwalt beantragt werden kann. Eine Härtefallscheidung erfordert einen besonderen Anspruch und die Familiengerichte stellen hohe Anforderungen an eine Unzumutbarkeit des Abwartens des Trennungsjahres. In der Regel ist das Abwarten des Trennungsjahres fast immer zumutbar, auch wenn viele Mandanten dies anders sehen. Die Gerichte sind hier sehr streng. Bloße Schwierigkeiten, Unstimmigkeiten oder Zerwürfnisse kommen für die Annahme einer unzumutbaren Härte nicht in Betracht auch die Verletzung der ehelichen Treuepflicht begründet gleichfalls nicht eine Unzumutbarkeit. Bei folgenden Konstellationen kann eine Härtefallscheidung in Betracht kommen: - schwere Erkrankung oder Behinderung eines Ehepartners ohne Aussicht auf Besserung, welche Fortsetzung unzumutbar macht - erhebliches gewalttätiges Verhalten des Ehepartner gegenüber dem anderen Partner oder den gemeinsamen Kindern - Fremdgehen und Untreue in einer besonders schwerwiegenden Form Ein weiterer Fall der Härtefallscheidung liegt vor, wenn zum Beispiel die Ehefrau ein Kind erwartet und dieses durch eine ehewidrige Beziehung noch während der intakten Ehe von einem anderen Mann empfangen hat. Hier liegt (nur) für den "gehörnten" Ehemann ein Härtefallgrund vor, da dieser bei Geburt des Kindes vor einer rechtskräftigen Scheidung der gesetzliche Vater wäre.
6. Abwarten nach dem Trennungsjahr und Auswirkung auf den Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich
Nachdem das Trennungsjahr abgelaufen ist, stellt sich oft die Frage, ob es sinnvoll ist, noch länger zu warten, bevor man die Scheidung einreicht. Hierbei muss beachtet werden, dass mit dem Einreichen des Scheidungsantrags der Versorgungsausgleich (Rente) und der Zugewinnausgleich (Vermögen) geltend gemacht werden können. Dies ist von entscheidender Bedeutung, wenn z.B. ein Ehepartner erheblich mehr als der andere verdient. Denn wartet dieser ab, dann zahlt er jeden Monat nach Ablauf des Trennungsjahres auch für einen Ehepartner ein, um dessen Vermögen oder Rente zu erhöhen. Denn jeder Wertzuwachs bei den Rentenpunkten und beim Vermögen führt dazu, dass der andere Ehepartner einen höheren Ausgleichsanspruch hat. Hat nach Ablauf des Trennungsjahres ein Ehepartner einen Vermögenszuwachs (vom Zeitpunkt der Heirat bis zur Einreichung des Scheidungsantrags) von € 100.000 und der andere Ehepartner hat nichts, dann bestünde eine Ausgleichsanspruch beim Zugewinn von € 50.000, wenn die Scheidung eingereicht wird. Wartet der Ehepartner aber noch 4 Jahre und hat dann einen Wertzuwachs von € 200.000, dann hat der andere Ehepartner einen Anspruch auf Ausgleich von € 100.000. Gerade, wenn eine Ehepartner ein Grundstück hat und der andere nicht, sind die Werte oft noch viel höher, selbst wenn beide Eheleute ungefähr gleich viel verdienen, denn das Grundstück wird jedes Jahr mehr wert und damit steigt auch der Ausgleichswert im Zugewinnausgleich.
7. Fazit
Ein Abwarten mit der Scheidung nach dem Ablauf des Trennungsjahres hat (fast immer) für einen Ehepartner erhebliche Nachteile. In der Regel ist dies der Ehepartner, der mehr Geld verdient und ein höheres Vermögen (z.B. Grundstück) hat. Die Nachteile müssen sich nicht nur auf die Rente (Versorgungsausgleich) und das Vermögen (Zugewinnausgleich) beschränken und können auch erheblich darüber hinaus liegen.
Rechtsanwalt Andreas Martin - Fachanwalt für Familienrecht in Berlin Marzahn-Hellersdorf