Eigenmächtiger Urlaubsantritt des Arbeitnehmers und fristlose Kündigung
Unter Selbstbeurlaubung versteht man, dass der Arbeitnehmer-entgegen dem Willen des Arbeitgebers-sich selbst Urlaub gewährt. Dazu muss man wissen, dass grundsätzlich zwar der Arbeitgeber der Schuldner des Urlaubsanspruches des Arbeitnehmers ist, allerdings der Urlaub mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden muss. Der Arbeitgeber muss den Urlaub gewähren.
Selbstbeurlaubung ist wie eigenmächtige Entnahme des Arbeitslohns
Ein Beispiel dazu, soll veranschaulichen, wie es hier rechtlich aussieht zu werten ist, wenn der Arbeitnehmer entgegen der Zustimmung des Arbeitgebers seinen Urlaub antritt. Dies wäre so, als wenn der Arbeitnehmer einen Lohnzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber hat und sich das Geld vom Arbeitgeber eigenmächtig holt. So ähnlich ist das mit der Selbstbeurlaubung.
Anspruch auf Urlaubsgewährung des Arbeitnehmers ist notfalls gerichtlich durchzusetzen
Der Arbeitgeber muss faktisch den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bedienen und wenn er dies nicht tut, dann kann der Arbeitnehmer diesen nicht eigenmächtig nehmen, sondern muss grundsätzlich dann den Anspruch gerichtlich, notfalls sogar mit einer einstweiligen Anordnung durchsetzen. Dafür gibt es letztendlich das Eilverfahren, wenn es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu warten.
eigenmächtiger Antritt des Urlaubs führt zur außerordentlichen Kündigung
Macht der Arbeitnehmer dies nicht und beurlaubt er sich selbst, dann besteht in der Regel für den Arbeitgeber ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach § 626 I BGB. Die Selbstbeurlaubung ist nämlich grundsätzlich ein wichtiger Grund für den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fristlos zu kündigen.
Ausnahmen sind selten
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer mehrfach den Arbeitgeber zu Urlaubsgewährung aufgefordert hat und dieser unberechtigterweise die Urlaubsgewährung verweigert und es die Gefahr besteht, dass durch den Zeitablauf der Urlaub verfällt. Solche Fälle kommen der Praxis mittlerweile aber selten vor. Der Urlaubsanspruch verfällt auch nicht mehr ohne weiteres, dazu muss der Arbeitgeber bestimmte Handlungen vornehmen.
Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern zum unerlaubten Antritt von Urlaub
Zur Kündigung wegen Selbstbeurlaubung gibt es mehrere Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte, so zuletzt vom LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 23.11.2021 - 5 Sa 88/21). "Ein unentschuldigtes Fehlen eines Arbeitnehmers und eine eigenmächtige Urlaubsnahme sind geeignet, eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu begründen (BAG, Urteil vom 20. Mai 2021 – 2 AZR 457/20 – Rn. 28, juris = NZA 2021, 1092; BAG, Urteil vom 16. März 2000 – 2 AZR 75/99 – Rn. 36, juris = NZA 2000, 1332; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01. Oktober 2020 – 17 Sa 1/20 – Rn. 89, juris = NZA-RR 2021, 163; LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09. Dezember 2014 – 6 Sa 548/13 – Rn. 34, juris). Ein Arbeitnehmer, der ohne jeglichen Grund nicht zur Arbeit erscheint, verletzt nicht nur eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, sondern vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist. Dies wirkt sich unmittelbar als Störung des Arbeitsverhältnisses im Leistungsbereich und als Beeinträchtigung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung aus (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. September 2020 – 7 Sa 54/20 – Rn. 61, juris). Ein Arbeitnehmer ist auch dann grundsätzlich nicht berechtigt, sich selbst zu beurlauben oder freizustellen, wenn er möglicherweise einen Anspruch auf Erteilung von Urlaub oder eine Freistellung gehabt hätte. Ein solcher Anspruch ist im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes, ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchzusetzen, nicht aber durch eigenmächtiges Handeln (BAG, Beschluss vom 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97 – Rn. 21, juris = ZTR 1998, 425; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01. Oktober 2020 – 17 Sa 1/20 – Rn. 89, juris = NZA-RR 2021, 163)."
Entscheidung des LAG Baden-Württemberg
Auch das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 01.10.2020 – 17 Sa 1/20) führt dazu aus: "Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Dies gilt auch dann, wenn der eigenmächtige Urlaubsantritt nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist einer unwirksamen Kündigung (während einer Prozessbeschäftigung) erfolgt."