Strafverfahren: Aussage gegen Aussage!
Eine Mandantin meinte in einer Strafsache neulich zu mir: "Es gibt keine Zeugen; nur sie und mich."
Strafverfahren und Zeugenaussage
Oft höre ich - in der Kanzlei in Marzahn-Hellersdorf - von Mandanten, die Beschuldigten im Strafverfahren sind, dass eine Verurteilung äußerst unwahrscheinlich sein dürfte, da ja Aussage gegen Aussage stehen würden und im Zweifel für den Beschuldigten/ Angeklagten zu entscheiden wäre. Dahinter steckt der Irrtum vieler juristischen Laien, dass man im Strafverfahren nicht aufgrund nur einer Zeugenaussage verurteilt werden darf, wenn es keine weiteren Zeugen oder Beweismittel gibt und der Beschuldigte die Tat bestreitet. Dies ist nicht richtig.
Verurteilung im Strafverfahren bei nur einer Zeugenaussage
Wichtig ist zu wissen, dass man im Strafverfahren auch schon nur aufgrund einer einzigen Zeugenaussage verurteilt werden kann, auch wenn es keine weiteren Beweismittel gibt und der Beschuldigte die Tat bestreitet. Ansonsten könnte man viele Straftaten gar nicht verfolgen, da oft sogenannte "Vier-Augen-Situationen"oder "1 zu 1 - Konfrontation" im Strafverfahren vorkommen. Der klassische Fall ist, wenn es um eine Prügelei zwischen zwei Personen geht. In dieser Situation wird der Geschädigte als Zeuge vernommen und wenn das Gericht der Meinung ist, dass die Zeugenaussage glaubhaft und nachvollziehbar ist, kommt es in der Regel zu einer Verurteilung, auch nur bei einer Zeugenaussage.
in dubio pro reo
In dubio pro reo heitß soviel, wie im Zweifel für den Angeklagten. Dies gilt zwar grundsätzlich bei unklarer Tatsachenlage, was aber nicht heißt, dass bei jeder „Aussage gegen Aussage“-Konstellation automatisch das Strafgericht zu einem Freispruch kommt. Das Gericht schaut sich dabei die Gesamtsituation an und beurteilt dann, wie glaubhaft die Zeugenaussage ist.
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 07.03.2012, Az.: 2 StR 565/11) hat die Anforderungen an die Beweiswürdigung in Konstellationen von "Aussage gegen Aussage" beim Vorwurf der sexuellen Nötigung wie folgt definiert: "Die Rechtsprechung stellt besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung in Konstellationen, in denen "Aussage gegen Aussage" steht (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 - 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 158 f.). Erforderlich sind insbesondere eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage (BGH, Beschluss vom 21. April 2005 - 4 StR 89/05), eine Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2003 - 4 StR 73/03), sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben. Dem wird das angefochtene Urteil gerecht. Erörterungslücken hinsichtlich wesentlicher Aspekte, Unklarheiten oder Widersprüche liegen nicht vor."