Lohn bei Pflege rund um die Uhr?
Mit der Frage - ob ein Arbeitnehmer tatsächlich 24 Stunden am Tag als Arbeitszeit bezahlt bekommen kann - hatte sich das Arbeitsgericht Berlin und später auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu beschäftigen. Das LAG Berlin-Brandenburg hat dies im Wesentlichen bejaht. Der Hintergrund des Falles ist der, dass eine bulgarische Mitarbeiterin nach Deutschland im Wege der Arbeitnehmerüberlassung entsandt wurde über eine bulgarische Firma, die damit warb, in Deutschland eine 24-Stunden-Pflege zu Hause bei der pflegebedürften Person durchzuführen. Die Problematik bei derartigen Arbeitsverhältnissen ist die, dass der Arbeitnehmer nicht 24 Stunden am Tag arbeitet, sich aber im Haus bereithält und vielleicht sogar auch nur zu bestimmten Zeiten das Haus verlassen kann. Auch Bereitschaftszeit können Arbeitszeit sein.
Probleme bei 24-Stunden-Pflege
Eine Bezahlung von nur wenigen Stunden am Tag ist hier in der Regel nicht angemessen. Durüber hinaus ist es auch so, dass unabhängig von der Höhe des Lohnes das Mindestlohngesetz gilt und dem Arbeitnehmer einen eigenen Anspruch auf Zahlung des Mindestentgeltes für die Arbeitszeit zusichert. Um es auf den Punkt zu bringen, ist die Frage, wie viel Arbeitszeit hier tatsächlich vorliegt und wie diese zu vergüten ist.
Bulgarin klagte 24-Stunden-Bezahlung ein
Beim obigen Fall war es so, dass die bulgarische Betreuerin dann einfach 24 h Bezahlung über mehrere Monate eingeklagt hat. Diese begründet dies damit, dass sie sei in dieser Zeit von 6.00 Uhr morgens bis etwa 22.00/23.00 Uhr im Einsatz gewesen und habe sich auch nachts bereithalten müssen, falls sie benötigt werde. Die Arbeitnehmerin vertrat die Auffassung, dass sie deshalb für die gesamte Zeit einen Anspruch auf den Mindestlohn habe.
Arbeitgeber wollte nur nach dem Arbeitsvertrag bezahlen
Der Arbeitgeber hat im Prozess die behaupteten Arbeitszeiten bestritten und sich auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit berufen. Dass dies kaum haltbar ist, dürfte klar sein, denn es kommt auf die tatsächliche Arbeitszeit an. Die regelmäßige Arbeitszeit begrenzt ja nicht die Arbeitszeit, sondern gibt dem Arbeitnehmer nur einen Anspruch auf diese Arbeitszeit.
LAG gab der Arbeitnehmerin recht
Mit Urteil vom 17.08.2020 (so Pressemitteilung des LAG Berlin-Brandenburg Nr. 20/20) hatte das Landesarbeitsgericht der Klage schon einmal im Wesentlichen stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hatte aber im Revisionsverfahren eine weitere Aufklärung konkret geleisteter Arbeits- und Bereitschaftszeiten gefordert und das Verfahren an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Von daher hatte hier das LAG nochmals aufzuklären und zu entscheiden.
Beweisaufnahme bestätigte den Vortrag der Arbeitnehmerin
Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme gab des LAG der Arbeitnehmer im Wesentlichen recht. Das Landesarbeitsgericht sprach der Arbeitnehmer den Mindestlohn zu, denn die Betreuung der älteren, pflegebedürftigen Dame habe 24 Stunden am Tag sichergestellt werden müssen. Die Klägerin habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme neben ihren vergüteten Arbeitszeiten in erheblichem Umfang Bereitschaftszeiten zur Sicherstellung der Betreuung erbringen müssen; diese sind ebenfalls zu zahlen.